**** Zwei Jahre hatten die Stones ihre Fans auf ein neues Studiowerk warten lassen, als im Sommer 1978 Some Girls erschien. In der Zwischenzeit hatte sich in der internationalen Musikszene viel getan. Zum einen feierte in der Rockmusik Punk und New Wave mit zum Teil tollen und erfrischenden Bands fröhliche Urstände und zum andern hatte das Discofieber die Musikkonsumenten voll unter seiner Kontrolle. Altstars hatten diesen Trends wenig entgegenzusetzen, außer, sie paßten sich den Trends ein wenig an oder wie im Fall der Bee Gees waren sie der Auslöser des Discofiebers. Überhaupt kam am Discosound damals kaum einer vorbei. Topacts wie Rod Stewart (Da Ya Think Im Sexy) oder Electric Light Orchestra (Dont Bring Me Down) machten Anleihen beim Discosound oder anderen spielten gar komplett Discomusik wie z.B. Blondie mit Heart Of Glass oder The Sparks mit Beat The Clock. Für den negativen Höhepunkt sorgte 1979 Elton John mit dem von Giorgio Moroder und Pete Bellotte produzierten Album Victim Of Love. In dieser veränderten musikalischen Landschaft wirkte der Name Rolling Stones anno 1978 wie ein Relikt aus längst vergangenen Zeiten. Bis man die ersten Takte der Single Miss You hörte. Obwohl das Stück mit Discosound so viel zu tun hatte wie heutzutage etwa Tokio Hotel mit guter Musik, so war das Stück mit seinem zündenden Rhythmus voll auf der Höhe der Zeit und absolut Diskothekentauglich. Alte Stones Fans stöhnten schon, daß ihre Lieblinge jetzt auch noch Discomusic spielen. Aber so schlimm war es dann doch nicht, denn wenn man sich Miss You einmal genauer anhört, dann stellt man fest, daß sich die Stones eigentlich ihrer musikalischen Wurzeln, den Rhythm&Blues besonnen hatten, nur das sie ihn modisch aufgepeppt hatten. Zwar gehört dieses Stück nicht unbedingt zu den herausragenden Nummer im Stones Gesamtwerk, hat aber dank der markanten Hooklines und der Geige von ihren unzähligen Hits einen der höchsten Wiedererkennungseffekte überhaupt. Im Großen und Ganzen ist Some Girls kein herausragendes Werk der Stones, kann es mit den Werken der Jahre 1968-1973 nicht mithalten. Vielmehr ist das Routinewerk einer in die Jahre gekommenen Gruppe, das streckenweise zu überzeugen weiß. Etwa in der zweiten Singleauskopplung Beast Of Burden (1983/84 ein internationaler Hit für Bette Middler), When The Whip Comes Down, einer sehr stimmigen Version des Temptations Klassikers Just My Imagination (Running Away With Me) und dem Country beeinflußten Faraway Eyes (die B-Seite von Miss You). Der Rest, Some Girls, Lies, Respectable, Before They Make Me Run und Shattered ist solides Mittelmaß, der eigentlich niemanden vom Hocker reißt und allenfalls für echte Stones Fans interessant ist. Gemessen am Standart früherer Jahre ist das Album unerheblich, als Alterswerk einer mittlerweile betagten Band doch recht gut. Und im Gegensatz zu dem, was die Stones ab Mitte der 80er Jahre produziert haben, ist Some Girls richtig klasse. |