***** Was soll eine Gruppe spielen bzw. neues bringen, wenn sie zwischen 1968-1972 so vorzügliche Platten auf den Markt gebracht hat wie die Rolling Stones? Sie macht einfach das, was sie am besten kann, und zwar gute Musik. Erste Abnutzungserscheinungen waren auf dem 73er Werk Goats Head Soup unüberhörbar, obwohl es ein recht gutes Album ist. Und mit Angie enthält dieses Werk sogar eines der besten Stücke in ihrem Gesamtwerk überhaupt. Ein solches Ausnahmelied enthält ihr 74er Album Its Only RockNRoll zwar nicht, dafür ist es aber (aus meiner subjektiven) Sicht in seiner Gesamtheit wesentlich besser. Die Gruppe bietet eine musikalische Quintessenz ihrer Alben Beggars Banquet (1968), Let It Bleed (1969), Sticky Fingers (1971) und Exile On Main Street (1972) mit den bewährten Zutaten Rock, Blues, Rhythm & Blues und eine Prise Soul. Das Ergebnis ist ein sehr bekömmlicher Cocktail, den die Stones mit einigen Gastmusikern (u.a. Billy Preston, Nicky Hopkins, Ian Stewart und Ray Cooper) sehr abwechslungsreich ihren Fans servieren. Gleich mit der ersten Singleauskopplung Its Only RockNRoll (But I Like It) konnten die Stones im Sommer 1974 einen weiteren internationalen Hit landen, ob gleich das Stück bei weitem nicht so erfolgreich war, wie viele Single zuvor. Wie dem auch, dieses Stück ist einer meiner Favoriten der Stones Hits der 70er Jahre. Obwohl Its Only RockNRoll (But I Like It) eine typische Stones Nummer ist, boten sie hier etwas neues und zwar einen ordentlichen Schuß Glamrock. Hätten sie dieses Stück zwei Jahre früher auf den Markt gebracht, hätten sie damit im Kielwasser von T. Rex, David Bowie & Co. eventuell sogar einen Nummer 1 Hit gelandet. Aber 1974 war der Glamrock so gut wie gelaufen und die Musikkonsumenten interessierten sich inzwischen für andere Richtungen. Mit einer Coverversion des Temptations Hits Aint Too Proud To Beg warf das 15. Album der Stones einen zweiten Singlehit ab, der sich Ende 1974 allerdings nur in den USA und das auch nur mäßig erfolgreich durchsetzen konnte. Nötig gewesen wäre diese Version zwar nicht, ist aber grundsolide und dürfte niemanden stören. Neben dem Titelsong bietet das Album mit Time Waits For No One und Fingerprint File zwei Stücke, die die Stones in Hochform präsentieren. Time Waits For No One klingt im ersten Moment unspektakulär, weiß aber durch seine fast hypnotische Atmosphäre zu faszinieren. Fingerprint File ist kraftvoller Bluesrocker, der meines Erachtens zu den besten Stones Stücken der 70er Jahre gehört. Ebenfalls recht gelungen ist die Bluesballade If Your Really Want To Be My Friend, die zwar niemanden vom Hocker reißt, im Gegenzug aber auch niemanden stören dürfte. Als Hintergrundchor agiert die Gruppe Blue Magic, die 1974 in den USA mit Stop To Start, Sideshow (war sogar in den Top 10) und Three Ring Circus erfolgreich war. Die restlichen Stücke If You Cant Rock Me, Till The Next Goodbye, Luxury und Short And Curlies ist grundsolide Stones Ware, mit der sie ihre Fans bestens bedienen und unterhalten. Leider war Its Only RockNRoll das letzte Album der Stones mit Mick Taylor, der nach knapp 6 Jahren seine Gitarre in den Koffer packte. Sein Nachfolger wurde Ron Wood von The Faces. Obwohl auch er ein vorzüglicher Gitarrist ist, so konnte er nach meinen Empfinden die Lücke, die Mick bei den Stones hinterließ, nie vollständig schließen. |