****** Nach ihrem Ausflug in psychedelische Gefilde mit Their Satanic Majestic Request machten die Rolling Stones mit dem Nachfolgealbum Beggars Banquet einen Schwenk in ziemlich erdige Bluesregionen. Über weite Strecken beweisen die Stones mehr Bluesfeeling als so manch schwarze Bluesband. Und mit ihrer mittlerweile 9. Langspielplatte stellten sie auch klar, daß sie zum Ende der 60er Jahre die führenden Rockgruppe waren, denen so leicht keiner das Wasser reichen konnte, auch nicht mehr die Beatles. Das Album beginnt mit einem Knüller, der wie kein zweiter Rolling Stones einerseits auf Zustimmung als auch auf vehemente Ablehnung stieß: Das mehr als provokante Sympathy For The Devil. Für die, die Rockmusik schon immer für Teufelszeugs hielten, war klar, war das Stück nichts weiter als eine Huldigung des Satans ist. Wenn man das Stück ansieht, was es wohl auch ist, und zwar eine Provokation einer Band an ihre Gegner, dann ist Sympathy For The Devil eine wirklich witzige Angelegenheit. Ich gebe zu, gefallen hat mir das Stück eigentlich nie so recht. Aber es ist halt eines jener Stücke der Stones, das hängen bleibt und das mittlerweile Kultstatus besitzt. Eine Klasse für sich ist der Blues No Expetations. Hier klingen die Stones so, als hätten sie das Stück im tiefsten amerikanischen Süden aufgenommen. Dieser Blues mit einer herrlichen Bottleneck-Guitar und den Pianoeinlagen von Nicky Hopkins besitzt ein solches Feeling und eine derartige entspannte Atmosphäre, wie man sie von den Stones bei solchen Stücken nicht sehr oft zu hören bekam. Dear Doctor ist ein richtig gesunder Blues mit richtig tollen Mundharmonikaeinlagen. Parachute Woman ist ein ziemlich erdiger Bluesrocker, wie ihn selbst ein Muddy Waters nicht hätte besser einspielen können. Ein ebenfalls guter Bluesrocker ist das über 6 Minuten lange Jig-Saw Puzzle. Ein Rocker in der Tradition der großen Rolling Stones Hymne ist Street Fighting Man. Als Singleauskopplung war das Stück international ein Hit, nur in England wurde es nicht als Single ausgekoppelt. In politisch unruhigen Zeiten von Studentenunruhen hielt es die Plattenfirma wohl für besser, auf eine Singleauskopplung in England vorerst zu verzichten. Allerdings erschien Street Fighting Man 1971 in England als Single. Der Grund für Decca dürfte wohl der gewesen sein, daß die Stones kurz zuvor ihr eigenes Label Rolling Stones Records gegründet hatten und das sich mit dem Gruppennamen viel Geld verdienen ließ. Prodigal Son bietet einmal mehr einen Blues, der so klingt, als sei er in der Hitze der amerikanischen Südstaaten entstanden. Stray Cat Blues ist ein solider Rocker, der allerdings nicht unbedingt zu den Highlights auf Baggers Banquet zu zählen ist. In Factory Blues spielen sie einen Blues, der so klingt, als sei er direkt nach einem anstrengenden Arbeitstag auf den Tabak- bzw. Baumwollfeldern entstanden. Die leichten Bluegrass-Elemente machen aus diesem Stück etwas ganz besonderes. Ein echter Höhepunkt eines an Höhepunkten reichen Albums ist der gemäßigte Bluesrocker Salt Of The Earth mit seinem wunderbaren Gospelchor. Von Sympathy For The Devil und Street Fighting Man abgesehen haben die Stones mit Beggars Banquet ein famoses Bluesalbum eingespielt, ein echter musikalischer Kontrapunkt zum psychedelischen Vorgänger Their Satanic Majestic Request. Hätte Mick Jagger eine schwärzere Stimme bzw. die stimmliche Intensität eines Eric Burdon, so könnte man Beggars Banquet für das Album einer schwarzen Gruppe halten, die mit zwei Stücken (Sympathy For The Devil und Street Fighting Man) kleine Abstecher in die weiße Rockmusik machen. Den Stones Fans braucht man dieses Album nicht groß empfehlen, sie werden dieses Juwel zu schätzen wissen. Wer die Rolling Stones der Neuzeit mag und gerne einmal hören möchte, wie sie in ihrer allerbesten Zeit klangen und was für phantastische Musik sie damals gemacht haben, der bekommt mit Beggars Banquet eine eindrucksvolle Nachhilfelektion. |