| ****** Eine der innovativen englischen Gruppen in der zweiten Hälfte der 60er Jahre sind ohne Frage Pink Floyd. Zugegeben, die Musik die sie machten, haben sie nicht erfunden, stammten die musikalischen Vorlagen aus den USA. Aber wie sie diese Vorlagen bearbeiteten, mit eigenen Ideen anreicherten und so einen eigenen, einzigartigen Sound schafften, ist schon beeindruckend. Begonnen hatten die 4 Schulfreunde Syd Barrett (Gitarre, Gesang), Richard Wright (Keyboards), Roger Waters (Baß, Gesang) und Nick Mason (Schlagzeug) in den frühen 60er Jahren. Wie ein Großteil englischer Bands jener Zeit spielten sie zunächst bluesorientierte Musik, sprangen aber ab 1965 auf den gerade anfahrenden Psychedeliczug auf. Und da waren Pink Floyd ziemlich einzigartig, waren sie doch die erste Gruppe überhaupt, die die moderne Elektronik für Rockmusik entdeckte und zu nutzen wußte. Mit ihrer abgedrehten Musik machten sie sich in der Londoner Clubszene schnell einen Namen. So war es auch nur eine Frage der Zeit, bis Pink Floyd von einer namhaften Schallplattenfirma unter Vertrag genommen wurde. Im Frühjahr 1967 erschien mit Arnold Layne ihre erste Single, mit der sie im April 1967 immerhin bis in die englischen Top 30 kamen. Dabei ist das Lied über den besungenen Arnold Layne mit seinem seltsamen Hobby nicht gerade der Stoff, aus dem Hits gemacht werden. Textlich wie musikalisch fällt Arnold Layne völlig aus dem Rahmen des damals Üblichen. Das das Stück dennoch ein Hit wurde, spricht für die musikalische Offenheit des damaligen Publikums, sich auch mal etwas völlig Neuem zu öffnen. Im gleichen Jahr gelang ihnen mit See Emily Play in England gar ein Top 10 Hit. Im Gegensatz zu Arnold Layne klingt dieses von Syd Barrett geschriebene (der in der Anfangszeit einen Großteil der Floyds Songs schrieb und überhaupt die kreative und treibende Kraft innerhalb der Gruppe war) und Norman Smith produzierte Stück recht kommerziell, hört man es ihm an, daß es speziell für die Hitparaden geschrieben wurde. Was kein Floydscher Fehler ist, denn Schallplattenverkauf war damals in erster Linie Singleverkauf (Damals spielten Alben eigentlich keine große Rolle, dienten sie in erster Linie als Zweitverwertung erfolgreicher Hits (meist wurden die letzten vier, fünf Hits plus B-Seiten plus zwei bis vier neuer Stücke auf eine große Platte gepreßt und schon war die LP fertig). Erst ab Mitte der 60er Jahre erkannten kreative Rockmusiker die Möglichkeiten der LP, um sie als Ausdrucksform ihrer musikalischen Ideen zu nutzen. Vor allem hatten sie hier aufgrund der verbesserten technischen Möglichkeiten der Studios, verrückte Ideen oder sehr lange Stücke auf Platte zu pressen). Trotz aller Kommerzialität ist "See Emily Play ein prächtiges Stück mit enormen Kultpotential. In der Folgezeit hatten die Floyds aber kein Interesse daran, hitparadentaugliche Musik zu spielen. Gegen den Widerstand der Musiker wurde weitere Singles veröffentlicht, die aber keine Hits mehr wurden. Die Floyds konzentrierten sich auf Langspielplatten und da waren sie eine Klasse für sich. Ihr 1967 veröffentlichtes Debütalbum The Piper At The Gate Of Dawn ist eine echte Perle der Rockmusik aus der zweiten Hälfte der 60er Jahre. Hier zelebriert vor allem Syd Barrett einen Geistesblitz nach dem anderen. Es ist einfach ein Vergnügen, sich die teilweise etwas chaotische Musik anzuhören. Allerdings trennten sich die Floyds nach dem Debütalbum von Syd Barrett. Angeblich war er aufgrund von Drogenproblemen für die Gruppe nicht mehr tragbar. Als Ersatz für ihn wurde der Gitarrist David Gilmour engagiert. Mit ihm und seinem phantastischen Gitarrenspiel begann der eigentlich Aufstieg von Pink Floyd. Roger Waters übernahm nun das Kommando innerhalb der Gruppe. Album Nummer 2 A Saucerful Of Secrets, 1968 erschienen, wirkt wesentlich harmonischer und ruhiger als das Debüt, ist aber um keinen Deut schwächer. Der 1971 erschienene Sampler Relics enthält 11 Stücke aus den Jahren 1967-1969. Neben den Singletiteln Arnold Layne, See Emily Play, Julia Dream, Paintbox und Careful With The Axe, Eugene (gab es später auch als phantastische Liveversion auf dem Album Ummagumma) enthält das Album Stücke aus den Alben The Piper At The Gate Of Dawn (Interstellar Overdrive und Bike), A Saucerful Of Secrets (Remember A Day), More (Cirrus Mirror und The Nile Song) sowie mit Biding My Time ein Stück aus dem Jahre 1969, das erstmals auf Relics auf einem Album erschien. Alle 11 Stücke sind durchwegs exzellent und sind nebenbei eine Reise in eine Zeit, als musikalisch noch alles möglich erschien und sich engagierte Musiker wenig um Kommerzialität scherten. Für Floyd Fans ist dieses Album unverzichtbar, bietet es neben den ersten Singles ein tolles Grafikcover von Nick Mason. Für Leute, die die Gruppe nur von ihren Großprojekten a la Dark Side Of The Moon, Wish You Were Here oder The Wall her kennt, bietet Relics die beste Gelegenheit, einmal die musikalischen Quellen der Floyds zu kosten. Überhaupt ist es interessant, wenn man einmal Stücke wie Arnold Layne, See Emily Play oder Julia Dream aus Jahren 1967/68 mit Großprojekten wie Atom Heart Mother (1970) oder Meddle (1971) vergleicht. Dann stellt man fest, welchen künstlerischen Quantensprung die Gruppe in nur knapp drei Jahren gemacht hat. So etwas wäre heute nicht mehr möglich. Lange Rede, kurzer Sinn, Relics gehört in jede vernünftige Sammlung. |