****** Einer der wesentlichen Musiker der internationalen Rockszene ist ohne Frage David Bowie. Von der Kritik wurde er in der ersten Hälfte der 70er Jahre nicht ganz ernst genommen, war er doch einer der Wegbereiter des Glamrock. Bei dieser Spielart der Rockmusik kam es nicht selten eher auf ein schrilles, meist androgynes Äußeres als weniger auf die Musik an. Allerdings war Bowie einer der ganz wenigen Vertreter dieser Stilart, die auch musikalisch einiges zu bieten hatten. Was Musikkritiker nicht wahrhaben wollten, entdeckte das Publikum schnell, und zwar die unglaubliche musikalische Klasse des David Bowie. Zwar dauerte es nach seinem ersten Hit Space Oddity fast 3 Jahre, bis er einen echten Anschlußtreffer landete, dafür war sein Erfolg dann um so heftiger. Zwischen 1972 und 1974 landete er vor allem in England einen Top 10 nach dem anderen. Sein ausgeprägtes musikalisches Gespür bewies er, als er sich nach 1974 von der langsam abebbenden Glamrockwelle abwandte und neue musikalische Wege ging. So überraschte er auf dem 75er Werk Young Americans mit soulbeinflußter Musik und einem schlichten Outfit. Für jeden anderen Künstler wäre so ein abrupter Stilwechsel tödlich gewesen. Nicht so für David Bowie. Seine Fans akzeptierten den neuen Bowie und machten das Album sowie die beiden Singles Young Americans und vor allem Fame zu Toperfolgen. 1976 ging er noch einen Schritt weiter und wandte sich experimenteller Musik zu. Und auch hier bewies Bowie das er musikalisch immer am Puls der Zeit war bzw. das er gegenüber der Konkurrenz immer um mindestens eine Nasenlänge voraus war. In seinem 76er Werk Station To Station mischte er Soul mit weißer Rockmusik, unterlegt mit kleinen elektronischen Elementen. Um es vorweg zu nehmen, das Album ist eines der schwierigsten Bowie Werke überhaupt. Selbst für die damalige Zeit wirkt es z.T. sperrig und angedreht. Aber wenn man sich einmal hingehört hat, dann eröffnet sich einem ein faszinierendes, teilweise geniales Werk. Präsentiert es doch einen vor Kreativität überschäumenden Künstler mit Ambitionen, der weniger auf Chartpositionen schielt als vielmehr interessante Soundideen in die Tat umsetzt. Gleich der Opener Station To Station macht das deutlich. Was wie ein elektronisches Klangexperiment beginnt, wechselt dann bis zur Mitte in die soulbeinflußte Musik des Bowies des Jahres 1975, bevor ein langer Fade-out einen typischen typischen, RocknRoll beinflußten Bowie präsentiert. Das Stück packt nicht beim ersten Mal, man muß es schon mehrmals hören, um Gefallen an ihm zu finden. Wenn der Funke aber erst einmal übergesprungen ist, dann präsentiert sich eines der besten Bowie Stücke überhaupt. Als Vorabveröffentlichung zum Album gab es Ende 1975 die Single Golden Years, die zur Jahreswende 1975/76 bis in die englischen Top 10 kam. Hier verbindet Bowie geschickt leichten Soul mit sachter Rockmusik und zaubert daraus einen äußerst interessanten und faszinierenden Mix. Die Ballade Word On A Wing verwebt die Faszination diverser Motown Produktionen Marke The Supremes perfekt mit weißer Rockmusik. Das Ergebnis ist ein faszinierendes Lied, das allerdings ein wenig an dem ungelenk erscheinenden Gesang des David Bowie leidet. Einen ordentlichen Schuß R&B unterlegt mit kräftigen Rock bietet das beim ersten Hören chaotisch erscheinenden TVC 15. Als Singleauskopplung kam das Stück im Mai 1976 in die englischen Top 30. Die magere Chartplazierung täuscht, dennTVC 15 ist schon Klasse und wurde damals in den Charts unter Wert geschlagen. Sehr rockig und sperrig ist Stay. Hier verbindet Bowie perfekt Rock mit schwarzen Funk. Ein echtes Highlight gibt es zum Schluß, und zwar das chansonhafte Wild Is The Wind. Die einzige Fremdkomposition auf Station To Station stammt aus der Feder von Dimitri Tiomkin und Ned Washington, fügt sich aber nahtlos in das Klanggefüge des Album hinein. Hier beweist Bowie einmal mehr sein musikalische Vielfalt (und Unberechenbarkeit). Er und seine Band zaubern in dem fast 6 Minuten langen Stück eine eigenartige und zugleich faszinierende Atmosphäre. Das Jahr 1976 nicht gerade reich an musikalischen Höhepunkten. David Bowie schaffte es, mit seinem grandiosen Station To Station einer der wenigen Höhepunkte zu setzen. Von seinen zahlreichen Werken seit Ende der 60er Jahre ist dieses Album eines seiner besten.<br> |